Bernina-Express - ein Bahn-Erlebnis par excellence . . .

Das Rückgrat der Kulturlandschaft Albula / Bernina bildet die Rhätische Bahn. Die Strecke der Berninabahn wurde 1910 vollendet. Bereits während der Entstehung galt die Albula- / Berninabahn als absolutes Meisterwerk der Technik.

Die Bahn wurde im Alpenraum Vorbild für viele projektierte und einige gebaute Überlandbahnen. Heute ist sie weltweit einzigartig: Bei der Strecke handelt es sich um die höchstgelegene Alpentransversale Europas und um eine der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt.

Panoramawagen des Bernina-Express am Lago Bianco

Die Rhätische Bahn und die Kulturlandschaft Albula / Bernina sind aufgrund ihrer weltweit ausserordentlichen Bedeutung am 7. Juli 2008 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen worden.

Zu dieser aussergewöhnlichen Bedeutung der Albula- und Berninabahn-Strecke gehört aber auch die umgebende Landschaft. Einerseits ist der direkte Bezug zum Bahnbau von einzigartiger Qualität, andererseits führt die Strecke durch eine überaus reiche Kulturlandschaft.

Die Kunstbauten der Bahn bilden mit der besonderen Topographie eine Einheit. Die Wahl der Linienführung war massgeblich durch die Vermittlung von touristischen, d.h. landschaftlichen Attraktionen motiviert.

Die Faktoren einer kulturellen Vergangenheit und Gegenwart überlagern sich mit einer alpinen bis hochalpinen Naturlandschaft von spektakulärer Schönheit.

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Bahngeschichte

Die Geburt einer Bahnlinie oder wie tausende von Arbeitern anfangs des letzten Jahrhundert die zu Papier gebrachten Ideen der Ingenieure in der Landschaft umsetzten.

Nach Inverkehrsetzung des letzten Teilstückes der Albulalinie am 07. Juli 1904 von Celerina nach St. Moritz, wurde 1905 in Basel die Bernina-Bahngesellschaft (BB) gegründet.

Zielsetzung der Gesellschaft war St. Moritz über den Berninapass mit Tirano (IT) zu verbinden. Die ursprüngliche Projektierung sah eine nur im Sommer verkehrende, elektrisch betriebene Touristenbahn von St. Moritz über Pontresina, den Berninapass und Poschiavo bis zur Landesgrenze bei Campocologno vor. Mittels einer kurzen Verlängerung auf italienischem Terrain bis Tirano, sollte die Verbindung zur 1902 eröffneten Oberen Veltlinerbahn (Sondrio - Tirano) realisiert werden.

Nachdem 1906 die Baukonzession erteilt wurde, begannen gleichen Jahres die Bauarbeiten beidseitig des Berninapass.

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Bau einer Brücke über den Fluss Cavagliasco, im Puschlav, 1900 - Fotograf: Francesco Olgiati (1871-1943) Quelle: www.swissinfo.ch

Bauarbeiten der Berninabahn entlang dem Lago di Poschiavo, 1908. Fotograf: Francesco Olgiati (1871-1943) Quelle: www.swissinfo.ch

Die extremen klimatischen Verhältnisse erforderten monatelange Unterbrüche der Arbeiten im Winter. Bedingt durch diese Verzögerungen im Baufortschritt konnten bis 1908 nur drei Teilstrecken in Betrieb genommen werden.

Am 1. Juli 1908 wurde der Abschnitt zwischen Pontresina und Morteratsch sowie jener zwischen Tirano und Poschiavo fertig gestellt. Am 18. August desselben Jahres wurden die Teilstücke zwischen Pontresina und Celerina sowie zwischen Morteratsch und Bernina Suot dem Verkehr übergeben.

Am 1. Juli 1909 wurden die Teilstrecken zwischen Celerina und St. Moritz sowie zwischen Bernina Suot und Ospizio Bernina in Betrieb genommen. Die endgültige Fertigstellung lies sich erst mit Abschluss des schwierigsten Abschnitt zwischen Ospizio Bernina und Poschiavo realisieren. Am 5. Juli 1910 konnte die Gesamtstrecke eröffnet werden.

Der anfänglich geplante Sommerbetrieb der Touristenbahn, wurde gut drei Jahren nach Aufnahme des durchgehenden Verkehrs im Winter 1913/14 in einen Ganzjahresbetrieb überführt.

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Erschwerend ist dabei die Tatsache, dass die Berninabahn als einzige transalpine Gebirgsbahn die Alpen ohne Scheiteltunnel auf einer Höhe von 2253m ü.M. (Station Ospizio Bernina) über- und nicht unterquert. Diese Situation stellte an das Bahningenieur-Team hohe Anforderungen um zu einer tragfähige Lösungen zu kommen und erfordert jedes Jahr umfangreiche Schneeräumungsarbeiten.

Nach anfänglich grossem Erfolg geriet die Berninabahn im Schatten der Weltwirtschaftskrise 1929 in finanzielle Schwierigkeiten. Auf Dauer war ohne Garantie der Defizitabdeckung durch Bund und Kanton kein Weiterbestehen möglich. Schliesslich wurde im Jahre 1944 die Fusion mit der Rhätische Bahn (in der Folge als RhB bezeichnet), rückwirkend auf 01. Januar 1943, beschlossen.

Mit der SA Tranvia Tirano-Campocologno wurde eine eigene Gesellschaft für den, auf italienischem Gebiet liegenden, Streckenteil gegründet. Als Träger der Konzession ab dem Jahr 1902 verpachtete SA Tranvia den Bahnbetrieb an die Berninabahn. Die Aktien befanden sich im Besitz der Berninabahn und gingen nach der Fusion an die RhB über.

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Baustelle der Berninabahn um 1909 beim Lago della Scala, im Hintergrund die Barake der Bauarbeiter - Fotograf: Francesco Olgiati (1871-1943) Quelle: www.swissinfo.ch

Kolorierte Ansichtskarte Berninabahn ca. 1910

Nach der Übernahme modernisierte die RhB umgehend Anlagen und Fahrzeuge. VDie vorhandene Triebwagen erhielten neue elektrische Einrichtungen, wobei einige Wagen seitdem auch auf der Chur-Arosa-Bahn einsetzbar sind.

Der Betrieb auf dem italienischen Abschnitt ruhte infolge des Zweiten Weltkrieges ab dem Jahre 1942 und wurde erst am 03.10.1945 wieder aufgenommen. Im Jahre 1950 ging die Strecke an die RhB über und die Gesellschaft SA Tranvia wurde aufgelöst.

Mitte der sechziger Jahre setzte die Beschaffung fabrikneuer Triebfahrzeuge und Personenwagen ein und die nicht modernisierten Altbaufahrzeuge wurden ausgemustert. Jedoch sind auch heute noch Triebwagen aus den Anfangsjahren (ABe 4/4) im täglichen Einsatz zu beobachten. Die Stromversorgung sowie die Fahrleitung, der von Anfang an elektrisch betriebenen Bahn, wurde schrittweise verstärkt und erneuert.

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Im Jahre 1975 führte die RhB den Streckenblock auf der Linie ein; zusätzlich wurde Zugfunk installiert.

Ab Mitte der 1980er-Jahre hat die RhB begonnen, die landschaftliche und bahnbauliche Attraktivität der Berninabahn gezielt touristisch zu vermarkten. Eine besondere Aufwertung erfuhr die Berninabahn durch die Einführung des Bernina-Express im Jahr 1973. Dieser hat sich heutzutage neben dem Glacier-Express zum Aushängeschild der gesamten RhB entwickelt.

Eine weitere Attraktion sind die offenen Aussichtswagen die schon zu Zeiten der Berninabahn verkehrten. Im Jahr 1990 wurden weitere derartige Wagen aus ausrangierten Gepäckwagen umgebaut.

Im Jahr 2001 wurde auf dem Streckenabschnitt zwischen Alp Grüm und Cavaglia wieder die ehemalige Kreuzungsstelle in Betrieb genommen. Die Kreuzungsstelle Stablini war bereits von 1913 bis 1960 in Betrieb gewesen.

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Dampfschneeschleuder bei Lago della Scala, Berninapass, 11. Januar 1911 - Quelle: Album René Correvon - www.swissinfo.ch

Kolorierte Ansichtskarte Berninabahn-Triebwagen BCe 4/4 Nr.3 ca.1908 - Quelle: Das digitale Eisenbahn Fotoarchiv - Archiv Arthur Meyer

Die Berninabahn wurde gemeinsam mit der Albulabahn am 7. Juli 2008 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Sie gilt als grenzüberschreitendes, gemeinsames schweizerisch-italienisches Welterbe.

Im Jahr 2010 wurde das Jubiläum des 100-jährigen Betriebs auf der Berninalinie zwischen St. Moritz und Tirano von der Rhätischen Bahn mit verschiedenen Veranstaltungen gross gefeiert. Zu diesem Jubiläum wurde 2010 der Fernwanderweg Via Albula/Bernina eröffnet.

Jährlich geniessen weit über 700'000 Fahrgäste die spektakuläre Fahrt über die Bernina. Das Flaggschiff ist der Panoramazug Bernina Express: In rund vier Stunden bringt er die Gäste von Chur nach Tirano, von den Gletschern zu den Palmen - durch drei Sprachregionen, über 196 Brücken und Viadukte sowie durch 55 Tunnels und Galerien.

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Streckenverlauf

Der Kopfbahnhof von St. Moritz ist Endstation der Albulabahn und ist gleichzeitig der bekannte Ausgangspunkt der Berninabahn. Da beide Bahnlinien mit unterschiedlichen Bahnstromsysteme ausgestattet sind, startet die Berninabahn zwar im selben Bahnhof, jedoch auf getrennten Gleisen und an unterschiedlichen Bahnsteigen.

Die Bahn verlässt in nordöstlicher Richtung den Bahnhof und überquert auf einem 64 m langen Viadukt den Inn. Danach führt sie durch den 689 m langen Charnadüra-Tunnel II, den längsten Tunnel der gesamten Berninastrecke. Die darauf folgende Station Celerina Staz repräsentiert mit 1716 m ü. M. den niedrigsten Punkt der Nordseite des Berninapasses.

Bis Ospizio Bernina wird die Linie nun nahezu ununterbrochen ansteigen. Nachdem sich die Bahnstrecke vom Inn entfernt hat, erreicht sie die kleine Station Punt Muragl Staz. Auf der, der Station gegenüberliegenden Seite des Flusses steht die Talstation der 1907 eröffneten Standseilbahn nach Muottas Muragl.

Bergaufwärts erreicht die «kleine Rote» den Bahnhof in Pontresina. Dieser weist zusammen mit dem Bahnhof St. Moritz die gleiche Besonderheit auf, dass zwei verschiedene Stromsysteme innerhalb des RhB-Netzes zusammentreffen. Die mit Wechselstrom betriebenen Züge, welche aus Richtung Bever / Samedan eintreffen, benutzen andere Gleise, als die mit Gleichstrom betriebene Berninabahn.

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Bahnstrecke mit Haltepunkten

Campocologno, Grenzort nach Italien

Wenige Kilometer vor dem Ziel in Tirano, befährt der Bernina Express das Kreisviadukt von Brusio. Diese 360°-Kehre weist einen Durchmesser von etwa 90 Metern auf, und überwindet dabei einen Höhenunterschied von etwa 20m.

Nötig wurde dieser Kreisviadukt, da das Gefälle des Talbodens doch recht beträchtlich ist, und die Steigung der Bahnstrecke die Grenze von 70 Promille nicht überschreiten durfte.

Für Eisenbahn-Fans stellt diese technisch fein austarierte Streckenführung eines der absoluten «highlites» auf der Stecke des Bernina Express dar.

Quelle: RAIL-INFO SCHWEIZ www.rail-info.ch / DFA - Das digitale Eisenbahn Fotoarchiv - Archiv Arthur Meyer / http://de.wikipedia.org/wiki/Berninabahn

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Daten der «kleinen Roten»

Nachfolgend ein Überblick in Kürze zu den verschiedenen Ausbau-Etappen sowie Daten und Fakten der der Berninalinie.

Baubeginn:

▸  16.07.1906 - gleichzeitiger Beginn zwischen Pontresina und Morteratsch bzw. zwischen Poschiavo und Miralago

Betriebsaufnahme:

▸  01.07.1909  St. Moritz - Celerina Staz
▸  18.08.1908  Celerina Staz - Pontresina
▸  01.07.1908  Pontresina - Morteratsch
▸  18.08.1908  Morteratsch - Bernina Suot
▸  01.07.1909  Bernina Suot - Ospizio Bernina
▸  05.07.1910  Ospizio Bernina - Poschiavo
▸  01.07.1908  Poschiavo - Tirano

Kosten Erstausbau:

▸  11'698'000 CHF

Baukosten pro km:

▸  192'760 CHF

Länge der Strecke:

▸  60'688 km (3 km auf ital. Staatsgebiet)

Stromsystem:

▸   ab Inbetriebnahme - 750 V Gleichstrom
▸   ab Umbau 1935 - 1'000 V Gleichstrom

Spurweite:

▸  1'000 mm (Meterspur)

Höhe ü.M. min./max.:

▸   429.3 m ü.M. Tirano (IT)
▸   2'253 m ü.M. Ospizio Bernina (CH)

Maximale Steigung:

▸  70 ‰

Min. Kurvenradius:

▸  45 m

Anz. Tunnel/Galerien:

▸  13

Ges.länge Tunnel/Gal.:

▸  4'072 m

Längster Tunnel:

▸  839 m

Anteil an Ges.strecke:

▸  6.7 %

Anzahl Brücken:

▸  52

Gesamtweite Brücken:

▸  722 m

Längste Brücke:

▸  116 m

Ursprüngl.Schienentyp:

▸  24.3 kg/m

Heutiger Schienentyp:

▸  46 kg/m

Ursprüngl.Schienenlg.:

▸  12 m

Heutige Schienenlänge:

▸  30 m

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100 Jahre Berninabahn - Museum Palazzo de Bassus-Mengotti, Poschiavo